Nie wieder!

Sonderausstellung im Museum: "Zwei Schicksale im Nationalsozialismus. Nicolas Barrera & Georg Elser"

Georg Elser

Die neue Sonderausstellung "Nie wieder! Zwei Schickale im Nationalsozialimus. Nicolas Barrera & Georg Elser" wird am Freitag, 12. April,  um 17.30 Uhr im Museum am Lindenplatz eröffnet. Zur Vernissage werden Oberbürgermeister Wolfgang Dietz und Kulturamtsleiter Peter Spörrer sprechen. Museumsleiterin Barbara Brutscher führt anschließend in die Ausstellung ein, die bis zum 21. Juli gezeigt wird.

Im Fokus stehen zwei Biografien, die exemplarisch für die Schrecken der NS-Diktatur stehen: Georg Elser, der Mann, der im Alleingang Hitler töten wollte, aber scheiterte, und am Ende hingerichtet wurde sowie Nicolas Barrera, der heimlich im KZ zeichnete und damit sein Leben riskierte, zeitlebens aber die Auseinandersetzung mit dem Erlebten scheute. 

Das Museum am Lindenplatz widmet jedem der Männer eine Etage. Im Erdgeschoss wird die Wanderausstellung der Gedenkstätte Deutscher Widerstand "Ich habe den Krieg verhindern wollen" gezeigt. Sie thematisiert das von Georg Elser geplante, aber gescheiterte Hilter-Attentat.

Im Jahr 1938 plant der Schreiner Georg Elser, Hitler zu töten, um den drohenden Krieg zu verhindern. Er weiß, dass der Diktator am 8. November 1939, dem Jahrestag von Hitlers Putsch im Jahr 1923, im Bürgerbräukeller in München eine Rede halten wird. Elser schafft es, sich zu den Räumlichkeiten Zutritt zu verschaffen. Nach für Nacht arbeitet er heimlich im Versammlungsraum und präpariert eine Säule mit einem Sprengsatz mit Zeitzünder.

Der Lauf der Geschichte hätte eine andere Wendung nehmen können, wäre das Vorhaben gelungen. Doch Hitler verließ 13 Minuten vor der Explosion den Raum. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich Elser bereits auf der Flucht. Eine Stunde vor der Explosion wird er in Konstanz auf dem Weg in die Schweiz verhaftet.

Aufgrund des verdächtigen Inhalts seiner Taschen, erfolgt die Auslieferung an die Geheime Staatspolizei (Gestapo). Es folgen Verhören über mehrere Tage hinweg. Am Ende gesteht Elser seine Täterschaft. Die Nationalsozialisten bezweifeln, dass es sich um einen Einzeltäter handelt. Vielmehr wird vermutet, Elser sei im Auftrag des britischen Geheimdienstes tätig.

Heute ist klar belegt, wenngleich es viele Jahre dauerte, Elser handelte im Alleingang. Kurz vor Kriegsende wird er am 9. April 1945 im Konzentrationslager Dachau hingerichtet.

Die Ausstellung "Ich habe den Krieg verhindern wollen" zeigt eine Vielzahl von bisher wenig bekannten Fotos und Dokumenten über das Leben und Wirken Georg Elsers.

Im ersten Stock werden Zeichnungen von Nicolas Barrera gezeigt. Der lokalen Bevölkerung ist er weitgehend als Kunstmaler bekannt, der halbjährig in Weil am Rhein und in Südfrankreich lebte. Wenige wissen jedoch, dass er während des Zweiten Weltkrieges als russischer Offizier in Gefangenschaft geriet und Ende des Krieges in einem Konzentrationslager bei Leipzig inhaftiert war.

Dort musste er als Zwangsarbeiter für die Erla Maschinenwerke Dienst leisten. Heimlich hat er das Grauen des Lageralltags zeichnerisch dokumentiert. Von KZ-Insassen aus anderen Lagern ist dies ebenfalls überliefert. Sie versuchten Texte oder Bilder für die Nachwelt zu übermitteln.

Noch heute werden in ehemaligen Lagern hin und wieder vergrabene Flaschen und Schachteln gefunden. Im Fall von Nicolas Barrera ist es anders, denn ihm gelang die Flucht aus dem Konzentrationslager und er konnte dabei die Zeichnungen mitnehmen. Viele Jahre hatte er diese dann versteckt bis sie zufällig von Inken Drozd beim Umräumen gefunden wurde.

"Ich hatte sie vor mir selbst versteckt", so Barreras Aussage, nachdem er von seiner Frau mit den Fundstücken konfrontiert wurde. Barrera hat die Bilder seiner Frau übergeben und wollte selbst mit dieser Zeit nicht mehr konfrontiert werden. 

Ende vergangenen Jahres bot Inken Drozd dem Kulturamt Weil am Rhein diese Zeichnungen an. Sofort war den Verantwortlichen klar, dass diese Zeitzeugnisse gezeigt werden müssen. Es sind Zeichnungen mit furchtbarem Inhalt: Berge mit Kadavern, von größter Angst gezeichnete Kinder, misshandelte Frauen und Männer. Lachende Soldaten, die sich brutal an den Menschen vergreifen.

Unfassbares Leid, das auf vielen kleinen Papieren gezeichnet ist. Die Besonderheit an den Dokumenten liegt darin, dass Barrera als ausgebildeter Kunstmaler, die Lebenswirklichkeit detailliert eingefangen hat. Um die Zerrissenheit des Künstlers, der traumatisiert seine Vergangenheit vergessen wollte, aufzuzeigen, werden auch einige Gemälde von ihm gezeigt.

Völlig im Kontrast zu den Zeichnungen stehen die strahlenden Bilder, die lokale und regionale Motive aufgreifen wie Altweil, Haltingen, der Schwarzwand oder der Titisee. 

Die Ausstellung entstand innerhalb kürzester Zeit und soll auch zeigen, dass Museen einen wichtigen Beitrag zum politischen Diskurs beitragen. Von Inken Drozd, die als Kind aus Dresden floh, kam der Titelvorschlag "Nie wieder", ein Ausdruck, der seit der Gedenkveranstaltung nach der Befreiung von Buchenwald in das kollektive Gedächtnis eingegangen ist.

Aktuell ist man zunehmend mit Geschichtsrevisionismus, Rechtspopulismus und vermehrten antisemitischen Übergriffen in Deutschland und Europa konfrontiert. Gegen diese Strömungen und Entwicklungen, die auch die Basis unserer Demokratie gefährden, beziehen zunehmend auch Museen Stellung.

Gerade weil es immer weniger Zeitzeugen gibt, darf nicht verdrängt, vergessen und verharmlost werden. Museen als lebendige Orte der Information, des Austauschs und der Diskussion leisten hier einen wichtigen Beitrag. 

Die Ausstellung ist auch in französischer Sprache. Dazu gibt es ein umfassendes Rahmenprogramm bestehend aus Führungen, Vorträgen, szenischer Lesung und Filmvorführungen für Schulklassen.

www.museen-weil-am-rhein.de