Nahwärmenetz unterstützt Ziele der Wärmewende
Erste Info-Veranstaltung der Stadt in Kooperation mit der Energieagentur Südwest stößt auf große Resonanz
Perfekter Start: Die Auftaktveranstaltung „Wärmewende & Rolle der Privathaushalte“ der Wärmewende-Kampagne war sehr gut besucht. Mehr als 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer strömten in den Großen Sitzungssaal im Rathaus in Weil am Rhein. Kurzerhand wurden die Besucherplätze auf der Empore geöffnet.
Martin Völkle, Berater für Energieeffizienz und Klimaschutz bei der Energieagentur Südwest, eröffnete die Veranstaltung. Er stellte das neue Klimaschutz-Reporting des Landkreises Lörrach vor, um zu verdeutlichen, wie hoch der Anteil der Wärmeerzeugung für Gebäude im Verhältnis zur Stromerzeugung und Verkehrssektor am Energieeinsatz landkreisweit ist. Dieser liegt bei 58,84 Prozent (Stand: 2021).
Völkle präsentierte auch die Ergebnisse der Interkommunalen Wärmeplanung des Landkreises Lörrach. Die Bestandsanalyse für Weil am Rhein ergab dabei, dass allein die Privathaushalte 67,3 Prozent des Wärmebedarfs in der 3-Länder-Stadt ausmachen. „Weil am Rhein kann die Wärmewende nur realisieren, wenn die Privathaushalte mitziehen. Das Potenzial ist enorm. Ohne die Mithilfe jeder und jedes Einzelnen erreichen wir die Klimaneutralität bis 2040 nicht“, schlussfolgert Völkle.
Gleichzeitig zeigen die Ergebnisse der Interkommunalen Wärmeplanung deutlich, dass das Potenzial an Erneuerbarer Wärme im Landkreis enorm hoch ist. Es gibt viele Dach- und Freiflächen, die sich für Photovoltaik eignen. Völkles Fazit für Weil am Rein: „Das bestehende Nahwärmenetz muss erweitet, Gebäude müssen saniert und Dächer für Photovoltaik (PV) oder Solarhetmie genutzt werden. Potenzial für Windkraft gibt es in Weil am Rhein indes nicht.“
Bei der Umsetzung von Sanierungen oder Installation von PV- und Solarthermieanlagen sowie der Optimierung oder dem Austausch von Heizsystemen unterstützt die Energieagentur Südwest Privathaushalte mit einer unabhängigen und neutralen Energieberatung. Hier kann auf die individuelle Situation eingegangen und die beste Lösung für das eigene Gebäude gefunden werden. Die Beratungen finden in Kooperation mit der Energieberatung der Verbraucherzentrale statt. Der Eigenanteil beträgt aufgrund von Bundesförderungen lediglich 30 Euro.
Der Erste Bürgermeister der Stadt, Rudolf Koger, zuständig für die Stadtwerke und Stadtkämmerei, griff die Erweiterung, Nachverdichtung und Sanierung der bestehenden Nahwärmenetze in seinem anschließenden Vortrag auf und präsentierte die Ausbaupläne, welche zwischen 2023 und spätestens 2027 realisiert werden sollen.
Dass eine Nahwärmeleitung in einer Straße verlegt werden kann, braucht es eine Anschlussquote der Gebäude in der Straße von mindestens 50 Prozent, machte Koger deutlich. Die Anreize für einen Anschluss sind vielfältig: Die Wärmeübergabestation in den Gebäuden ist nahezu wartungsfrei, günstig zu betreiben und spart zudem Platz. Ganz im Gegensatz zu einem Öltank oder einem Pelletlager. In aller Regel ist der Anschluss an ein Wärmenetz nachhaltiger und wirtschaftlicher als eine Einzelheizung. Zudem ist „diese Wärme“ langfristig aufgrund des Energiemixes kostenstabiler. Mehrkosten durch die CO2-Bepreisung werden zu einem großen Teil eingespart.
Martin Völkle ergänzt dazu: „Wir empfehlen Hausbesitzerinnen und -besitzern vor dem Einbau einer neuen eigenen Heizlösung, wie Öl- oder Gas-, aber auch bei erneuerbaren Heizsystemen, unbedingt bei der Stadt Weil am Rhein nachzufragen, ob für das eigene Wohngebiet ein Nahwärmenetz geplant ist. Denn mit dem Anschluss an das Netz können sich die Bürgerinnen und Bürger die Anschaffungs- und Wartungskosten für einen Heizkessel sparen und erfüllen automatisch die Anforderungen an das EWärmeG und EEWärmeG.“
Darüber hinaus, so Völkle, lasse sich mit dem Anschluss der Wert des eigenen Gebäudes steigern. „Der Anschluss ist eine Investition in eine zukunftsfähige Wärmeversorgung, wovon auch die Nachkommen profitieren werden. Sie werden unabhängiger und tragen zur regionalen Wertschöpfung bei.“
„Das Wärmenetz der Stadtwerke Weil am Rhein wird laufend ausgebaut und umfasst derzeit eine Länge von fünf Kilometern. Damit können mehr als 3000 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden. Die Erweiterung des Wärmenetzes ist somit ein wichtiger Baustein der Klimaschutzpolitik der Stadt Weil am Rhein“, hält der Erste Bürgermeister fest.
Die Veranstaltung schloss mit einem Vortrag von Jörg Weyden, ebenfalls Berater für Energieeffizienz und Klimaschutz bei der Energieagentur Südwest, zum aktuell viel diskutierten Thema des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) ab 2024. Dieses sieht vor, dass von 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden soll.
Weyden wies darauf hin, dass dies aktuell nur ein Entwurf sei. Trotzdem erläuterte er bereits die verschiedenen Erfüllungsoptionen zur 65 Prozent-Pflicht sowie Übergangsfristen für Sonderfälle.
So sei bei einer Heizungshavarie ein einmaliger Einbau einer fossilen Heizungsanlage möglich, wenn diese innerhalb von drei Jahren nach Ausfall auf eine Heizung umgestellt werde, die die 65 Prozent-Vorgabe erfülle. Eigentümer, die einkommensabhängige Sozialleistungen beziehen, würden auf Antrag von der Pflicht befreit.
Für den Wechsel zu einer klimafreundlichen Heizung gibt es laut Weyden eine Grundförderung für Besitzende im selbstgenutzen Wohneigentum sowie private Kleinvermieter. Zudem kann ergänzend zur Grundförderung in bestimmten Fällen ein Klimabonus in Höhe von bis zu 20 Prozent beantragt werden. „Die Aufgabe der Wärmewende ist riesig, aber unvermeidlich für eine lebenswerte Zukunft“, schließt Weyden.