Perspektiven verbinden, Diskurse anstoßen
Regionale 26: Ausstellung "Axis Mundi" ist noch bis zum 11. Januar im Stapflehus zu sehen
Im Rahmen der Regionale 26 zeigt das Stapflehus bis zum 11. Januar die Ausstellung "Axis Mundi", eine vielstimmige Auseinandersetzung mit der mythischen Weltenachse. Verstanden wird sie nicht als vertikale Linie, sondern als Netzwerk möglicher Orientierungen, das menschliche und posthumane Zustände zwischen Körper, Natur, Erinnerung und Zukunft spiegelt. Die Ausstellung vereint Skulptur, Installation, Malerei, audiovisuelle Interventionen und site-spezifische Arbeiten von Künstler:innen aus der Dreiländerregion, deren Praktiken Themen wie Transformation, Identität, Migration, Spiritualität und das Verhältnis von Mensch und Umwelt erkunden.
Kuratiert von den in Basel lebenden und transkulturell geprägten Kurator:innen Wiktoria Tundys und Pavel Kovalenko, lädt "Axis Mundi" zu sinnlichen Begegnungen ein, die lokale und internationale Perspektiven verbinden, Diskurse anstoßen und das Posthumanistische auf poetische und reflexive Weise erfahrbar machen.
Kunstschaffende sind: Johann Kralewski, Selina Baumann, Ferose, Ange-Frédéric Koffi, Victor Sala, Miguela Tamo, Kaspar Flueck, Elia Menang Setiad, Catalena Janitz, Jakob Augustin, Inka ter Haar, Pavel Aguilar, Roma Bantik, Susi Hinz, Franziska Baumgartner, Markus Aebersold und Natalia Peredvigina.
Begleitprogramm:
7. Dezember, 16 bis 17.30 Uhr - Kuratorische Führung (D/EN): Geführter Rundgang durch die Ausstellung mit den Kurator:innen, Einblicke in Konzept und Auswahl der Werke.
11. Dezember, 18.30 Uhr - Stammtisch Kunstverein #08 im Rahmen der Regionale 26: Offene Gesprächsrunde mit Künstler:innen und Kurator:innen, inklusive kurzer kuratorischer Einführung.
4. Januar, 18 bis 19Uhr - Artist Talk mit Susi Hinz „HydraUnit”: Im Rahmen der Ausstellung "Axis Mundi" spricht Susi Hinz über die Zusammenhänge ihrer Arbeiten und darüber, wie Hydra, Apple Computer, Kaolin und Körper in einem spekulativen Zukunftsszenario mögliche Hybride bilden könnten.
11. Januar, 16 bis 18 Uhr – Finissage: Abschließendes Treffen mit Künstler:innen und Kurator:innen, offener Austausch über Prozesse und Resonanzen der Ausstellung.
In den klassischen Kosmologien stellte die Axis Mundi – die Weltenachse – eine vertikale Linie dar, die Himmel, Erde und Unterwelt verband – das spirituelle Rückgrat der Wirklichkeit. Sie war ein Orientierungspunkt, der die Welt ordnete, Richtungen vorgab und Orientierung ermöglichte. Heute, im Zeitalter des Posthumanismus sowie globaler Klima-, existenzieller und spiritueller Krisen, gerät diese Ordnung ins Wanken. Die Welt wird dezentral, multipolar, komplex und fragmentiert. Die Grenzen zwischen Organischem und Synthetischem, Geistigem und Materiellem, Lokalem und Planetarischem lösen sich zunehmend auf. Der Begriff erhält eine neue Aktualität nicht durch die Rekonstruktion einer vergangenen Ordnung, sondern durch ihre Reinterpretation.
Axis Mundi ist keine vertikale Linie mehr zwischen dem Sakralen und dem Profanen, sondern ein Netz möglicher Orientierungen. Ein experimenteller Versuch, die menschliche und posthumane Kondition einzufangen, die zwischen dem Verlust des Zentrums und dem Bedürfnis nach Sinn oszilliert. Die Ausstellung basiert auf einer dreischichtigen architektonischen Struktur und entwirft eine energetische Topografie des Menschseins zwischen Natur und Posthumanismus, zwischen Erinnerung und Überschreitung. Die drei Ebenen sind nicht als abgeschlossene Zonen, sondern als fließende Zustände emotionaler, kultureller und körperlicher Erfahrung zu verstehen.
Die unterste Ebene verweist auf die Verbindung zur Erde, zum Körper und zur ursprünglichen Quelle, zur Materie, zu mineralischen Strukturen, zu den Rhythmen der Natur und zu einer vorliteralen kollektiven Erinnerung. Die mittlere Ebene ist ein Raum der Verwandlung. Ein Übergangs- und Ritualsraum, in dem Prozesse der Metamorphose stattfinden. Zugleich bildet sie einen Resonanzraum für soziale und affektive Transformationen wie Migration, Erinnerung und Verschiebungen von Identität.
Auf der obersten Ebene entfaltet sich ein spekulativer Raum posthuman, techno-spirituell, in dem Zukunft, Bewusstsein, Grenzen des Körpers, digitale Existenz und Entfremdung von der Natur verhandelt werden. Nicht vertikal, sondern relational. Nicht universal, sondern vielstimmig. Keine Weltordnung entlang einer einzelnen Achse, sondern die Offenlegung ihrer Multipolarität und spirituellen Komplexität.
Die Ausstellung verknüpft Arbeiten von Künstler:innen aus Deutschland, der Schweiz und Frankreich, aus der Dreiländerregion und präsentiert vielfältige Medien: Skulptur, Installation, Malerei, audiovisuelle Interventionen und site-spezifische Arbeiten.
Kunst ist im Lichte der evolutionären Ästhetik selbst ein Ritual, eine schöpferische Geste, die der Verbindung mit dem Unsichtbaren ebenso dient wie mit dem zutiefst Körperlichen. Als archaische und zugleich transformatorische Praxis ruft der künstlerische Akt animistische und ursprüngliche Zustände hervor, die in der Symbolik von Körper und Natur verwurzelt sind, und setzt gleichzeitig Prozesse kultureller Transgression und Reinterpretation in Gang.
In diesem Kontext offenbart Kunst als ästhetische wie auch somatische Praxis ihr transformatorisches Potenzial. Sie wird nicht nur zum Medium des Ausdrucks, sondern auch zu einem Ort der Verwandlung – individuell, gemeinschaftlich und planetarisch. Eine Rückkehr zur ursprünglichen Geste der Verbindung mit der anima mundi und eine Einladung, darüber nachzudenken, wo sich heute das Zentrum unserer Welt befindet.
Was: Regionale 26 "Axis Mundi"
Wann: bis 11. Januar 2026; samstags 15 - 18 Uhr; sonn- und feiertags 14 - 18 Uhr
Wo: Städt. Galerie Stapflehus, Bläsiring 10, 79576 Weil am Rhein
